„Ikigai – Der Sinn des Lebens“ und „Die Macht Ihres Unterbewusstseins“ sind zwei der Bücher, die Rudi Obauer im Laufe seines Lebens prägten. Der Sternekoch ist überzeugt, dass man mit Willenskraft alles schaffen kann. Auch den Jagdschein. Die Beschaffung von Wildfleisch überlässt er dann aber trotzdem lieber seinem Jägerkollegen Christoph Burgstaller, mit dem ihn seit einem gemeinsamen Buchprojekt eine enge Freundschaft verbindet.
Mit Jürgen Schmücking, dem Host unseres „Halb so wild“-Podcasts, haben die beiden Co-Autoren über das Jagen und das Kochen gesprochen. Und über den Sinn des Lebens …

Wie der Koch zum „Jaga“ kam
Wie der Koch zum „Jaga“ kam
„Warum schenkt uns die Natur das ganze Viech? Das muss einen Grund haben“, philosophiert Sternekoch Rudolf Obauer, der mit Vorliebe Wildbret zubereitet und dabei gerne experimentiert, um am Ende möglichst viele Teile des erlegten Tieres zu verarbeiten. „Einmal, als Rudi und ich eine Gams aufgebrochen haben, hat mich der Rudi gefragt, was ich mit der Zunge mache“, erinnert sich Berufsjäger Christoph Burgstaller. „Ich hab ihm dann erklärt, dass das bei uns Jägern Lecker heißt und dass ich nichts damit mache. Dass der drinnen bleibt. Darauf er: Ja, Wahnsinn, das ist das Beste.“
Bei dem Austausch zwischen dem Koch und dem Jäger haben beide viel gelernt. Das Ergebnis war ein gemeinsames Buch mit dem Titel „Der Jaga und der Koch“. So unterschiedlich die Perspektiven der beiden manchmal sind, so haben sie doch eines gemeinsam: Sie sind echte Naturburschen und lieben das, was sie tun. Und das spürt man schnell, wenn man sich mit ihnen unterhält, vor allem dann, wenn man dabei mit ihnen durch ihre Heimat Salzburg spaziert, wie es Jürgen Schmücking für die zweite Episode des Podcasts „Halb so wild“ getan hat. Hier kann nicht nur der Jäger, sondern auch der Koch jeden Gipfel, jedes Tal und jedes Bergmassiv beim Namen nennen.


Genau auf diesen Bergen machte Christoph Burgstaller einst seine Lehre zum Berufsjäger und kann sich noch gut an die Wochenenden, an denen ihn sein Lehrmeister zum Schutzdienst am Berg verdonnerte, erinnern. „Früher machte man das wegen der Wilderer“, erklärt er uns. „Heute aber eigentlich nicht mehr.“ Ursprünglich wollte er Förster werden, aber nachdem ihn ein Jägerlehrling damals in den Wald mitgenommen hatte, war seine Leidenschaft geweckt. „Das Hinausgehen in den Wald, das Pirschen und dieses permanente Fehlermachen“, erzählt er. „Man lernt so viel. Und man lernt die Natur ganz anders kennen.“ Genau diesen neuen Blickwinkel beobachtet der Berufsjäger mittlerweile auch als Ausbildner bei seinen Schülerinnen und Schülern, die heute aus vielen Bereichen kommen: vom 16-jährigen Motocross-Fan bis zur supersportlichen Ärztin, die gar kein Fleisch isst. „Die meisten machen den Jagdschein, weil sie es lässig finden“, weiß der Jäger, der die Motivation der Teilnehmenden vielleicht nicht immer nachvollziehen kann, sich aber trotzdem freut, jedem und jeder Einzelnen ein neues Verständnis für die Natur mitzugeben.
„Lässig ist die Jagd nie“, kontert Sternekoch Rudi Obauer. „Sie kann interessant sein, lehrreich, sie kann mir fürs Leben helfen. Aber lässig ist sie nicht.“ Für ihn war die Entscheidung, Koch zu werden, anfangs eine eher pragmatische. Der Großvater war Bäcker, Metzger, Wirt und irgendwann einmal auch Bauer. Da lag die Lehre zum Koch nicht fern. „Ab meinem zweiten Lehrjahr habe ich dann gemerkt, dass mir der Beruf einen Sinn gibt“, erinnert sich Rudi Obauer. „Ich kann mir die Welt anschauen, lerne viele Menschen kennen und lerne immer was dazu.“ Als Koch in Zürs arbeiten und täglich Skifahren gehen? Das war genau seins. Bis er heiratete und mit seiner Frau ein altes Bauernhaus renovierte, in das er Co-Autor Christoph Burgstaller und Podcast-Host Jürgen Schmücking dann auch für das gemeinsame Interview einlud. Hier könnte er mittlerweile sogar autark leben, wenn er wollte. „Wir haben unser eigenes Wasser, Sonnenenergie, Holz. Und das Fleisch auch“, sagt der Sternekoch.

Integration in Küche und Wald
Dennoch schätzt Rudi Obauer die Gesellschaft und hat den Wanderweg über sein Grundstück bewusst nicht verlegen lassen. Er unterhält sich gerne mit Menschen und ist davon überzeugt: „Die Küche ist der Beweis, dass es Integration gibt.“ Für ihn gibt es nichts Schöneres als die lokale Küche, egal, wo er gerade ist. „Wenn ich zu uns komme, habe ich eben dieses Wild. Regionaler geht nicht“, sagt der Sternekoch, der genau weiß, wie viel Arbeit in ein erlegtes Tier fließt, bevor es beim Gast am Teller landet. Aber genau um diese Regionalität geht es ihm als Koch schon seit mehr als 40 Jahren.
„Die Natur macht nichts zum Wegschmeißen“, sagt der Sternekoch und hat mir seiner Einstellung den Jäger dazu inspiriert, nicht nur bestimmte Fleischstücke zu verwerten, sondern auch die Sommerdecke, also die Haut des im Sommer erlegten Wilds, natürlich gerben zu lassen, um aus dem Leder etwas zu machen: eine Lederhose, einen Bezug für einen Sessel oder eine Tasche.
Im Podcast sprechen die Naturburschen außerdem über die ideale Jagdzeit für Wildbret, die Bedeutung von Abschussplänen, das Zerwirken und Lagern von Wildfleisch, das Jagen in rumänischen Wäldern und über das Kochbuch von Sternekoch Rudi Obauer, in dem neben dem Jäger auch 15 regionale Lebensmittelerzeuger zu Wort kommen. Und eine Wildhochzeit feiern die drei am Ende auch. Hören Sie rein!

Sternekoch
Rudolf Obauer
Rudolf Obauer betreibt seit 1979 mit seinem Bruder Kurt das Restaurant-Hotel Obauer im Salzburger Pongau. Nach seiner Kochlehre perfektionierte der Naturliebhaber sein Können in der in- und ausländischen Spitzengastronomie, unter anderem bei einigen der renommiertesten Köche Frankreichs. 2012 erhielten er und sein Bruder die Auszeichnung „Koch des Jahrzehnts“. Mehreren Buchprojekten der Brüder folgte 2020 schließlich das Buch „Der Jaga und der Koch“ mit Christoph Burgstaller und 2022 legte er mit „Total Obauer“ noch ein umfassendes Kochbuch nach.

Berufsjäger
Christoph Burgstaller
Der gebürtige Kärntner ist Berufsjäger und mit drei Brüdern auf einem Bergbauernhof großgeworden. Nachdem sein ältester Bruder den Hof übernommen hatte, machte er eine Jägerlehre in Salzburg und hat seine Berufswahl bis heute nicht bereut. Seit fast 15 Jahren gibt er sein Wissen als Ausbildner an die Jägerinnen und Jäger von morgen weiter. Eine Woche pro Monat arbeitet Christoph Burgstaller zudem in einem Forstbetrieb in Rumänien, wo er sich sein Jagdrevier mit großen Beutegreifern wie Wölfen und Bären teilen muss.

Moderator Staffel 1
Jürgen Schmücking
Jürgen Schmücking ist Journalist und Fotograf aus Österreich. Er beschäftigt sich vor allem mit Nahrungsmitteln und deren Erzeugung. Dabei wirft er ein besonderes Augenmerk auf Wein, Destillate, Bier sowie Käse, Fisch und Fleisch. Jürgen interessiert, wo und wie diese Lebensmittel entstehen, wie sie schmecken und auf welchen Wegen sie die Gaumen der Konsumentinnen und Konsumenten erreichen. Und natürlich die Geschichten derer, die sie ernten bzw. herstellen.
Die intensive Auseinandersetzung mit Wildbret und jagenden Köchen hat Jürgen dazu bewogen, 2022 die Jungjägerausbildung zu machen.