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Von: Dick Forsman

Das Rätsel des „Gibraltar-Bussards“

Ich komme gerade von einer einwöchigen Tour zurück, bei der ich als Reiseführer gearbeitet und Greifvögel in der Gegend von Tarifa in Spanien beobachtet habe. Die südlichste Stadt Europas ist direkt an der Meerenge von Gibraltar gelegen. Und wieder einmal musste ich an das Bussard-Rätsel denken, das mit dieser Region verknüpft ist.

Ich erinnere mich, bereits in den 1990-er Jahren, als ich diese Region erstmals regelmäßig besuchte, rötliche Mäusebussarde gesichtet zu haben. Diese sind den Falkenbussarden meiner Heimat Finnland und denen, die ich bei Vogelwanderungen im Nahen Osten beobachte, recht ähnlich. Laut Fachliteratur und Aussage meiner spanischen Freunde wurde der Falkenbussard aber noch nie offiziell in Spanien registriert, weshalb er auch nicht auf der Liste des Landes stand. Das war zu Zeiten der Filmkamera. Damals war es schwer, sich ausreichend zu nähern, um die Existenz dieser scheuen Vögel ordentlich zu dokumentieren. Mir gelang es, einige von ihnen abzulichten, darunter einige afrikanische Adlerbussarde auf Vogelzug. Aber an die interessanteren Exemplare kam ich nicht nah genug heran.

The Gib Buzzard conundrum ID1535958

Ein erwachsener „Gibraltar-Bussard“


auf meiner letzten Reise am 10. September 2017 von dem Mirador del Estrecho bei Tarifa aus gesichtet. Beachten Sie die kräftige rotbraune Färbung dieses Vogels und insbesondere der rote Schwanz, in diesem Fall mit einer breiten, schwarzen subterminalen Binde. Einen solchen Schwanz findet man weder beim Adler- noch beim Mäusebussard.

Über ein Jahrzehnt später stießen sachkundige Vogelkundler in dieses Gebiet vor. Die Bussarde wurden „wiederentdeckt“, wobei man nicht nur die Vögel, sondern auch einige Nester aufspürte. Es ist im Wesentlichen der Arbeit von Javier Elorriaga und Antonio-Roman Muñoz zu verdanken, dass dieses Bussard-Rätsel schließlich gelöst wurde. Im Rahmen ihrer Feldarbeit überquerten sie auch die Meerenge und begaben sich nach Nordmarokko und zu der spanischen Exklave Ceuta an der Südküste der Straße von Gibraltar, von der bekannt war, dass dort ähnlich aussehende Vögeln brüten.

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Das gleiche erwachsene Tier aus Tarifa


vom 10. September 2017 mit einer dunklen Oberseite, die recht große Ähnlichkeit mit der eines Mäusebussards hat – mit Ausnahme des für die Identifizierung maßgeblichen roten Schwanzes mit einem breiten schwarzen Band.

Im September 2012 überquerten wir drei zusammen mit zwei amerikanischen Vogelkundlern die Straße, um nach diesen Vögeln Ausschau zu halten. In Ceuta haben wir ein brütendes Paar mit flüggen Küken beobachtet und in Marokko selbst sind uns einige weitere begegnet. Wir haben lange über diese Vögel diskutiert, da Antonio und Javier an einer Publikation über ihre Erkenntnisse arbeiteten. Unser Fazit lautete, dass diese Vögel zu hybriden Populationen, Mischlingen und Rückkreuzungen zwischen dem afrikanischen Adlerbussard (auch als Adlerbussard-cirtensis bekannt) und dem Mäusebussard gehören. Vagabundierende und wandernde Mäusebussarde aus Europa hatten sich mit Adlerbussarden auf der marokkanischen Seite gepaart, während in Spanien vagabundierende Adlerbussarde Paare mit Mäusebussarden bildeten (für Einzelheiten siehe Elorriaga, J. & Muñoz, A-R 2013: Hybridisation between the Common Buzzard Buteo buteo buteo and the North African race of Long-legged Buzzard Buteo rufinus cirtensis in the Strait of Gibraltar: prelude or preclude to colonization? Ostrich 84: 41-45).

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Erwachsenes „Gibraltar-Bussard“-Weibchen


einer der brütenden Vögel von Ceuta. Die gelbliche und rostige Färbung stammt vom Adlerbussard, ebenso wie der dunkle Fleck auf den Flanken. Demgegenüber sind der Kopf und die Deckfedern der kleineren Unterflügel dunkler, als man dies von einem „reinen“ Adlerbussard erwarten würde.

Typischerweise sind bei einer solchen hybriden Populationen (einem hybriden Schwarm) die Vögel extrem unterschiedlich. Manche sehen aus wie Mäusebussarde mit einigen Merkmalen des Adlerbussards, während andere kaum anders aussehen als Adlerbussarde – abgesehen von ein paar Kennzeichen, die unzweifelhaft auf den Mäusebussard in ihrer Ahnenlinie verweisen. Der Rest bewegt sich irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Alles in allem ähneln viele Vögel stark dem Falkenbussard, einer östlichen Unterart des Mäusebussards.

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Die Oberseite


des gleichen brütenden erwachsenen Weibchens aus Ceuta. Beachten Sie den fein gestreiften orangefarbenen Schwanz, der ansonsten dem eines Adlerbussards gleicht, während der Kopf und das Obergefieder allgemein dunkler sind als bei dem ähnlich aussehenden Adlerbussard.

Früher hielt man Hybride aus unterschiedlichen Arten von Greifvögeln für äußerst selten, doch aktuelle Studien haben gezeigt, dass es sich in Wahrheit um ein recht häufiges Phänomen handelt. Die Hybridisierung vollzieht sich auch zwischen anderen Bussardarten und wurde ebenfalls bei Weihen, Falken und Schelladlern beobachtet – um nur einige zu nennen. In entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht könnten solche Hybridisierungen zumindest theoretisch der Ausgangspunkt für eine neue Spezies sein. Würden sich Hybride nur untereinander vermehren, ohne dass Gene aus der ursprünglichen Elterngeneration der Population hinzugefügt würden, entstünde mit der Zeit eine eigene genetische Einheit. Diese würde sich genetisch von beiden Elternarten unterscheiden. Diese würden durch Kreuzung eine neue, dritte Spezies schaffen. Die dafür notwendige Isolation tritt in der Natur nur selten auf, doch abgeschiedene Inseln könnten als ein solches Refugium dienen. Dort könnten sich vagabundiere Vögel unterschiedlicher, eng miteinander verwandter Arten kreuzen und mit der Zeit eine neue Spezies hervorbringen. Eine Artenbildung durch Kreuzung könnte sich auf jeden Fall als eine Überholspur der Evolution erweisen.

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Ein „Gibraltar-Bussard“-Jungtier


im September in Tarifa. Es unterscheidet sich von dem ähnlich aussehenden Mäusebussard-Jungtier durch die rotbraune Färbung des Kopfes und der Deckfedern des Oberschwanzes, eine sehr blasse Irisfarbe, die hellumrandeten Deckfedern des Oberflügels und die nahezu gleichförmigen Schwanzfedern.

Dick Forsman ist ein finnischer Ornithologe, Autor, Künstler und Reiseleiter. Sein tiefgreifendes Interesse an Vögeln, insbesondere an Greifvögeln, wurde in seiner frühen Kindheit geweckt. Seitdem hat er sein Leben rund um diese Leidenschaft aufgebaut. http://www.dickforsman.com.

Fotos und Text © Dick Forsman