Die Natur spürt unsere Liebe mehr denn je. Und damit meine ich nicht nur den Wert, den wir der Natur beimessen, oder die Bedeutung der Natur für die Schaffung einer gesunden Gesellschaft. Nein, ich meine, dass manche Orte der Natur so sehr geliebt werden, dass unsere Liebe einen negativen Einfluss auf das zerbrechliche Ökosystem hat. Über manche Nationalparks in den Vereinigten Staaten, wie zum Beispiel Yosemite und Yellowstone, wird häufig gesagt, sie seien „zu Tode geliebt“. Warum? Ganz einfach: Zu viele Menschen besuchen diese Orte. Sie trampeln Pfade kaputt, strömen zu Aussichtspunkten und zerstören so das natürliche Gefüge dieser fragilen Ökosysteme. Manche von ihnen stehen sogar kurz vor dem Zerfall. Wie kann das sein? Vielleicht aufgrund der zu hohen Besucherzahlen oder der Vielzahl an Fahrzeugen. Die Menschenmassen ersticken einen Ort so sehr, dass er seinen wilden Charme und seine ökologische Integrität verliert.
Zunächst möchte ich betonen, dass es immer zwei Seiten der Medaille gibt. Einerseits ist es großartig, dass immer mehr Menschen die Natur erkunden. Denn so bauen sie eine Verbindung zur Natur auf. Dies steigert vermutlich ihr Engagement für die Natur und eventuell bemühen sie sich auch, nachhaltiger zu leben. Keine Frage. Das ist großartig. Andererseits fallen manche Orte dieser „Liebe“ zum Opfer. Für den Besuch einiger Parks in den Vereinigten Staaten wie Muir Woods außerhalb von San Francisco und dem Glacier National Park im Norden von Montana ist jetzt eine Reservierung erforderlich. Dadurch soll der Überlastung durch Fahrzeuge, der Überstrapazierung der Wege und dem allgemeinen durch Menschen ausgeübten Druck auf ein bereits beliebtes und viel besuchtes Ökosystem entgegengewirkt werden. Im Idealfall kehrt der Park mit der Zeit wieder in seinen verwilderten, natürlichen Zustand zurück, was einige strategische Maßnahmen erfordert.
Manche Orte sind daher einfach tabu. Aber dadurch, dass Outdoor-Liebhaber Orte brauchen, an denen sie zelten, wandern, angeln, Vögel beobachten, jagen, Rad oder Boot fahren und einfach die Natur erleben können, bleibt es nicht aus, dass abgelegene Orte – jene versteckten Paradiese – nicht mehr so verborgen sind. Es kann sein, dass sich diese Paradiese verändern und ihren Paradiesfaktor verlieren. Hier kommen wir ins Spiel.
Tipps und Tricks:
1. Hinterlassen Sie die Natur besser, als Sie sie vorgefunden haben. Dies gilt für Campingplätze und Wanderwege, Picknickplätze und Aussichtspunkte. Wenn wir alle etwas Müll auf Wegen oder Stränden aufsammeln, können wir mit der Zeit. Großes bewirken.
2. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Vermeiden Sie Orte, zu denen der Zutritt verboten ist. Wenn Sie ein Selfie an einem solchen Ort machen, werden es Ihnen andere nachahmen. Die Art und Weise, wie wir uns in der Natur und online verhalten (wir teilen unsere Abenteuer ja schließlich in den sozialen Medien), kann das Verhalten anderer positiv und auch negativ beeinflussen. Es liegt also an Ihnen!
3. Natürlich heißt nicht unbedingt biologisch abbaubar. Eine Vielzahl bestimmter Umgebungsbedingungen bestimmt, wie schnell die Zersetzung erfolgt. Werden Essensreste zum Beispiel in einen Hochgebirgssee mit kristallklarem Wasser geworfen, werden sie dort wochen- wenn nicht sogar monatelang erhalten bleiben. Alpenseen sind in der Regel oligotroph, d. h., sie sind nährstoffarm und verfügen daher nicht über die Mikroorganismen, die für einen effizienten und schnellen Abbau erforderlich sind. Essensreste gehören keinesfalls in einen unberührten See.
4. Füttern verboten! Selbst ein kleines Stück menschlicher Nahrung kann erhebliche Folgen für Wildtiere haben. Ein Bär braucht nur einen einzigen Happen, um süchtig nach menschlicher Nahrung zu werden. Dadurch entstehen Konflikte mit Menschen, die der Bär leider allzu oft nicht überlebt. Und ähnlich verhält es sich auch mit Elstern und Raben, die sich dort versammeln, wo sie Nahrung finden, wie beispielsweise in der Nähe eines Campingplatzes. Dabei vertreiben sie die Singvögel, bestimmte Eulenarten, kleine Säugetiere und andere Wildtiere. Diese Vögel sind Raubtiere. Wenn sie also in großer Zahl auftauchen und an einem Ort verweilen, werden die anderen empfindlicheren Wildtiere vertrieben.
5. Licht aus! Die Lichtverschmutzung wird weltweit zu einem großen Problem für Wildtiere, insbesondere für Zugvögel und nachtaktive Insekten. Motten und andere Insekten werden von dem künstlichen Licht angezogen. Sie verlieren die Orientierung und dehydrieren. Die Folge ist ein Massensterben. Wir brauchen nachtaktive Insekten wie Motten genauso wie Bienen, denn sie bestäuben nicht nur Pflanzen, sondern dienen auch als Nahrungsquellen für Fledermäuse und Vögel wie Sumpfschwalben. Zudem verlieren Zugvögel durch künstliches Licht die Orientierung. Die erschwert ihre Reise im Herbst und Frühjahr enorm, bei der sie manchmal Tausende von Kilometer zurücklegen und die Hemisphären überqueren. Indem wir die Lichtverschmutzung reduzieren, können wir helfen, die weltweit stark zurückgehende Vogelpopulation zu retten.
Im Alltag treffen wir unzählige kleine Entscheidungen. Statt jede Einzelne als achtsame und verantwortungsvolle Handlung anzusehen, sollten wir ihre Auswirkungen insgesamt im Laufe der Zeit berücksichtigen. Denn hier passiert die wahre Magie. Hier können unsere Entscheidungen, die wir treffen, einen enormen positiven Einfluss haben. Wie bei einem Wassertropfen in einem großen Fluss, der mit der Zeit selbst die härtesten Steine verformt, können wir durch unsere kleinen Taten langfristig außergewöhnliche Dinge bewirken. Es liegt an uns, die Zukunft unseres Planeten gemeinsam zu gestalten.
About the Author:
Charles Post
is a Norway based ecologist, Explorers Club Fellow, and award-winning filmmaker with a love for birding and exploring the outdoors with his wife, Rachel Pohl and their Samoyed, Mr. Knute. Following nearly a decade of field work and studies at U.C. Berkeley, earning his bachelor and master’s degrees in ecology, Charles embarked on a creative journey, spanning topics from the decline of kittiwakes in the Norwegian arctic to the beauty and fragility of migrating raptors across North America.
For more information and fascinating adventures visit his Instagram account: @charles_post.